Volle Regale sind nicht selbstverständlich Bauernverbandstag

Vorstandsmitglied Klaus Kilian begrüßte und führte kürzlich durch den Bauerntag im Halberstädter Seminarhotel K6, zu dem etwa 80 Verbandsmitglieder erschienen. Vorstands-, Geschäfts-, Revisionskommissionsbericht und Beitrags- und Satzungsangelegenheiten füllten den internen Teil der Veranstaltung; wobei der Vorsitzende Wilfried Feuerstack gleich zu Beginn eine eindrucksvolle Rede hielt, die hier deshalb Erwähnung finden soll: Anhand seines Lebenslaufes und seiner verschiedenen Arbeitsbereiche legte er sehr anschaulich die unterschiedlichen Vorgaben für landwirtschaftliche Produktion über die Jahre in der DDR, der Wende- und der Folgejahre dar. Nach 2000 verschärfte sich der Wettbewerb durch die zunehmende Globalisierung, resümierte Feuerstack und fuhr fort: „Der gesellschaftliche Wohlstand steigerte sich enorm. Der Weltmarkt stützte sich dabei auf günstige Rohstoff-und Energiepreise. Unsere gut gedeckten Tische und übervollen Regale sind zu selbstverständlich geworden.“ Seiner Meinung nach, sank damit der Wert der Landwirtschaft; die Bedeutung und der politische Einfluss der Bauernschaft ließ nach. „Aber wir Landwirte sind immer abhängig von den politischen Rahmenbedingungen. Auf diese müssen wir gemeinsam, organisiert im Bauernverband, mit einer Stimme Einfluss nehmen“, hob er hervor. Produktionsbeschränkungen und Bürokratie nähmen gewaltige Ausmaße an, mahnte Feuerstack und erläuterte den Mitgliedern an zahlreichen Beispielen, wie Vorstand und Geschäftsführung des Bauernverbandes Nordharz e.V. mit Politikern aller Parteien in den vergangenen Jahren aktuelle Themen bearbeitet hat. In seinem Vortrag wies er immer wieder auf die selbstverständlich gewordene Tatsache hin, dass die regionalen Bauern mit ihrer Arbeit für die Ernährung der Menschen sorgen. Wilfried Feuerstack wird ab 1. Juli 2023 die ehrenamtliche Arbeit als Vorsitzender des Kreisbauernverbandes an Brockenbauer Uwe Thielecke mit Einarbeitungszeit übergeben.

Geschäftsführerin Diana Borchert erläuterte die Organisation des Verbandes anhand von Zahlen und Tätigkeit in Fachausschüssen, auf Veranstaltungen sowie der Aus- und Fortbildung und. Die Geschäftsstelle wird zukünftig in der „Villa“ auf dem Gelände der alten Zuckerfabrik ihren Sitz haben, fügte sie an.

Klaus Kilian forderte in seiner Überleitung zum nächsten Redner die Mitglieder auf, die Angebote des Verbandes, zum Beispiel die Rechtsberatung, in Anspruch zu nehmen.

Marcus Rothbart, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., stellte in seiner Rede die landespolitischen und bundespolitischen Entwicklungen in den Vordergrund, verwies auf das Motto des Deutschen Bauernverbandes: „Mitreden, Mitdenken, Mitmachen“ und forderte daher die anwesenden Landwirte auf, den Bauernstand zum Beispiel mithilfe der Hoftorbotschaften bei sich augenfälliger zu machen.

Miriam Strudel, Mitglied der Revisionskommission, sprach anschließend die Entlastung des Vorstandes und der Geschäftsführung für 2022 aus. Dann wurde die Delegierten zum Landesbauerntag in Staßfurt am 22.11. 2023 gewählt.

Im öffentlichen Teil erhöhte sich die Zahl der Anwesenden um etliche an der Landwirtschaft Interessierte auf ca. 100. Unter ihnen war auch der Harzer Landrat Thomas Balcerowski der in seinem Grußwort die enge Zusammenarbeit wie unter Freunden betonte.

Daniel Szarata; Oberbürgermeister der Stadt Halberstadt richtete ebenfalls ein Grußwort an die Versammelten. Er sagte unter anderem, dass die Fläche das Kapital der Landwirte sei und die Menschen ernähre. Die Flächenverhandlungen mit den Eigentümern für DaimlerTruck seien schwierig gewesen, aber deshalb wäre das eben auch verständlich und in Ordnung.

Der neue Amtsleiter des ALFF Mitte (Amt für Landwirtschaft, Forsten und Flurneuordnung) in Halberstadt, Thorsten Stier, stellte sich der Runde als Ansprechpartner vor, betonte, dass ihm der enge Kontakt mit den Berufsverbänden sehr wichtig sei und gab einige Hinweise zur neuen GAP (Gemeinsame Agrarpolitik), die er als „doch nicht so revolutionär“ bezeichnete. Bei Einzelproblemen verwies er zum Beispiel auf das ELAISA-Portal, welches Antworten dazu biete. Stier lud zu den ALFF-Infoveranstaltungen ein, die am 6.4. in Halberstadt, am 4.4. in Haldensleben und am 5.4. in Strenzfeld stattfinden.

Katrin Beberhold, Vizepräsidentin des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., erinnerte anschließend in ihrem kurzen Vortrag unter anderem an die abstrusen Verhandlungen zur Systemrelevanz der Landwirtschaft während der Corona-Pandemie, wies auf die großen Herausforderungen für die Tierwirte in dieser Zeit hin und unterstrich das fundierte Fachwissen und das Durchhaltevermögen der Fachleute im Bauernverband bei Verhandlungen mit Politik und Verwaltung.

Mit dem Referat von Dr. Thomas Tanneberger (Agrarökonom beim Deutschen Bauernverband) über die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der aktuellen GAP und den vielleicht lohnenden Ausstieg aus dem System erreichte der Bauerntag seinen anspruchsvollen Höhepunkt und auch seinen Abschluss.  An einem Rechenbeispiel zeigt er, dass sich der Ausstieg in den allermeisten Fällen nicht rentiert, wenn man vor den Agraranträgen kapituliert und keinen mehr abgibt. Sein Fazit: Man solle die Attraktivität der GAP wirklich prüfen und das Ordnungsrecht, was immer greife, kennen. Junglandwirte und Grünlandbetriebe bräuchten wegen der besonderen Förderung nicht über einen Ausstieg nachdenken und kleine Betriebe wegen der Umverteilungsprämie nicht. „Gründlicher prüfen müssen die, die hohen Ackeranteil, hohe Deckungsbeiträge, hohe Ertragssicherheit, hohe ÖR-Kosten sowie hohe Kosten für Konditionalität und Bürokratie haben, egal ob bei 100 Hektar oder 2000 Hektar.“ Tanneberger fände eine Koordinierungsstelle gut, die die Flächenstilllegungen auf dem 18er Boden in seiner Heimat Brandenburg und dem dafür zu guten Boden von Harz und Börde vermittelt.