Ernte 2023

Hybride Landwirtschaft als Zukunftsmodell: Pflanzenschutzmittel und Hacke

1.Erntebericht von Harm Otterstedt, Betriebsleiter des LUS

13,8 Meter Schnittbreite hat der neue Mähdrescher Claas Lexion 8800 des Landwirtschaftlichen Unternehmens Schlanstedt (LUS).

13,8 Meter – das ist in etwa doppelt so breit, wie eine normale Straße! Aber auch dieses riesige Schneidwerk wird längst zur Fahrtrichtung mit einem Traktor zum Feld gezogen und erst dort an den Mähdrescher gebaut. Mit dem neuen Drescher und dem zusätzlich angemieteten Überladewagen ersetzt man im Betrieb zwei alte Erntemaschinen. Der Überladewagen ist ein Transportanhänger mit speziellen Vorrichtungen für besonders schnelles Überladen des Getreides auf die „Abfahrer“ am Feldrand. Er dient als Hilfsgerät beim Einsatz großer Erntetechnik, um diese möglichst effizient einzusetzen und den Boden zu schonen. Betriebsleiter Harm Otterstedt plant tägliche 70 bis 80 Hektar (ha) Mahd mit den neuen Maschinen und höchstens zwei „Abfahrern“, Traktoren mit jeweils Anhängern. Bisher (Stand 21. Juli 2023) sind 150 ha Gerste und 200 ha Raps gemäht. Mit dem Drusch von Dinkel wurde begonnen, aber der Regen der letzten Tage machte dem Mähen heute wieder ein Ende. Alles Gedroschene lagert man in den eigenen vier Lagerhallen ein.

Insgesamt bewirtschaftet der Betrieb mit insgesamt fünf Mitarbeitern, einer Bürokraft und dem Betriebsleiter 1600 ha. Davon sind jetzt im Sommer 1250 ha zu mähen. Diese teilen sich in diesem Jahr folgendermaßen auf: 600ha Weizen, 320ha Raps, 150ha Gerste, 30ha Hafer, 100ha Dinkel und 50 ha Erbsen, davon 10ha Futtererbsen und 40 Hektar Markerbsen. Auf 150ha Betriebsfläche wachsen Rüben sowie 150ha Mais, die erst im Herbst geerntet werden. Die Restfläche sind Stilllegungsflächen und Feldrandstreifen. Zur nächsten Ernte müssen mindestens 4% der Ackerfläche stillgelegt werden, die schreib die neue GAP-Reform vor

„Der Rapsertrag liegt auf alle Fälle über 3 Tonnen pro Hektar (t/ha). Auf einem Schlag hatten wir sogar 3,7t/ha und es sind ja noch einige Flächen zu mähen“, resümiert Otterstedt, der ganz zufrieden mit der Ausbeute ist. „Im Herbst hatten wir wenig Probleme mit dem Rapserdfloh. Wir haben nur einmal Insektizid gespritzt. Auch im Frühjahr sahen die Pflanzen gut aus, aber dann kam im Mai /Juni die lange Trockenzeit. Der Regen, der dann kam, hier waren es 90 Millimeter, brachte dem Raps nichts mehr. Die Blüte war lang, aber für die Kornausbildung fehlte das Wasser. „Hoffentlich konnte der Weizen von den Niederschlägen noch profitieren“, setzt Otterstedt nach, der auch über die Ernteunterbrechungen durch kleine Schauer nicht ganz traurig ist, sind doch die Rüben und der Mais die Profiteure. Die stünden recht gut und alle Rübenbauern in der Börde hoffen im Herbst, Dürreeinbußen in der Getreideernte durch die Rüben ausgleichen zu können. Auch Otterstedt weiß, dass die Niederschläge regional, manchmal von Dorf zu Dorf, sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Besonders froh ist der Pflanzenbauer darüber, dass der Weizenbestand den großen Gewitterguss gut überstanden hat und sich nicht „ins Lager gelegt hat.“ Beim Weizen, der gut steht, hofft er auf sieben bis acht t/ha.

Den Dinkelmarkt bezeichnet der Betriebsleiter als übersättigt und hat dieses Getreidesorte deshalb mit einem Vorvertrag preislich und mengenmäßig abgesichert. Den Erbsen hätte der Regen auch gefehlt, so Otterstedt: „Sie konnten die Reihen lange nicht schließen, so sind die Flächen spät noch verunkrautet und auch die Schotenbestückung ist gering.“

Beim Raps seien 25 Prozent vorverkauft, so Otterstedt, der für diese landwirtschaftlichen Kultur eine schwere Zukunft sieht, sollte die Beimischung im Diesel wegfallen. Für den Zuckerrübenanbau gäbe es zurzeit preislich sehr interessante Aussichten; die LUS plane eine Ausweitung des Anbaus für das kommende Jahr um 30ha – von 150 auf 180ha. Das sei auch für die Fruchtfolgen wichtig. Zusammenfassend sagt Otterstedt: „In diesen Zeiten muss man sich immer wieder neue Nischen im Anbau suchen, um Fruchtfolgen einzuhalten. Und die neuen bürokratischen Vorgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) machen es einem nicht leichter. Nur Getreide anzubauen reicht einfach nicht mehr.“

Die Preise für alle Getreidearten schwanken sehr. „Alle warten, was Putin tut“, erklärt Otterstedt die unsicheren Geschäfte, er verkauft meist peu à peu aus seinen Lagern. Die Gefahr besteht, dass man auf bessere Preise wartet; das Sprichwort „Gier frisst Hirn“ käme nicht von ungefähr, sagt er und fährt fort: „Man hat doch ausgerechnet, was man braucht, den Markt beobachten und dann eben entscheiden. “

Die Erbsen lägen bei der LUS höchstens drei Wochen im Lager, ehe sie weiterverkauft würden. Raps müsse bis November raus, so Otterstedt. Wo es möglich war, gibt es in den Lagerhallen eine effektive im Boden eingebaute Unterflurbelüftung, die längere Lagerzeiten ermöglicht aber eben auch Kosten verursacht.  

Otterstedt sieht die Zukunft in einer hybriden Landwirtschaft; die EU zwinge die Bauern dazu: „Für den Weizen gibt es schon jetzt nicht mehr genügend Mittel, um ihn gesund hochzubringen. Auch für die anderen Kulturen wird es enger. Es muss trotz allem weiter geeignete Pflanzenschutzmittel geben. Wir haben aber bereits im Herbst einen Striegel gekauft. Über eine Hacke denken wir nach.“

Bildtexte:

  1. Harm Otterstedt, Betriebsleiter beim Landwirtschaftlichen Unternehmen Schlanstedt
  2. Mähdrescherfahrer Sven Kosinski mit dem neuen Claas Lexion 8800